"Pendelverkehr"

16.01.2021 19:37 (zuletzt bearbeitet: 05.04.2024 16:44)
avatar  Gilpin
#1 "Pendelverkehr"
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Hallo alle Mit(!)denker,

Unter diesem Titel hatte ich vor einiger Zeit einen thread eröffnet. Das damit eingeleitete Thema Marienstein habe ich inzwischen herausgelöst, weil inzwischen etliche (verdienstvolle!) Beiträge über solche Kurzstrecken-Pendel hinaus weisen.

Also: Marienstein dort, alle weiter führenden Betrachtungen hier! Und so gebe ich Alex das Wort.

Und wieder: Schönes Wochenende,
Reiner


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17.01.2021 01:40
#2 RE: "Pendelverkehr"
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Gut Reiner.
Pendelverkehre.
Da hast Du jetzt ein Faß aufgemacht.
Ich fang mal in der Reihenfolge an, wie es mir in den Sinn kommt:


In den Jahren 1950 bis 55 wurden auf der DEBG-Nebenbahn Neckarbischofsheim - Hüffenhardt zwischen den Anschlüssen Steinbruch Helmhof und Zementwerk Obergimpern Feldbahnloren mit Kalksteinen auf speziellen Tragwagen "huckepack" transportiert. Dazu wurden insgesamt 8 ältere Fahrgestelle zu Tragwagen umgebaut, die in den Anschlüssen über Kopframpen beladen wurden. Mit bis zu 9 Pendelfahrten wurden täglich 200 t Kalksteine transportiert.
Quelle: Döppner, Meinhardt: Die Deutsche Eisenbahn-Betriebs-Gesellschaft-AG, Lokrundschauverlag 2002, Seite 182


Bis in die 80er Jahre wurden Flachwagen mit Zelluloseballen von der Glückstädter Bahnhofs-Köf vom Schiffsverlad im Hafen zum Anschluß der Papierfabrik Temming, heute Steinbeis, transportiert. Hier eine Website zur Hafenbahn:
https://marschbahn-glueckstadt.de/die-ma...chte/hafenbahn/

Und hier der Bahnhof Glückstadt: Links der PA Temming, zwischen Post und Güterschuppen zweigt die Hafenbahn ab:
http://sporenplan.nl/figuren/tekeningen/...eckstadt_xx.jpg

Ein Bild mit Köf III und Flachwagen findet sich auch in EJ-Exklusiv 1/2018.
https://shop.vgbahn.info/eisenbahn-journ...bahn-_1225.html


Auf der Hafenbahn Frankfurt am Main gab es im Laufe der Jahrzehnte mindestens drei Pendelverkehre, für die es auch eine größere Anzahl eigener Wagen gab.

Hier erwähnt Andreas Christopher einen Pendelverkehr für den Möbelhersteller Allibert zwischen Herstellerwerk und Auslieferungslager in zwei verschiedenen Frankfurter Industriegebieten:
https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?017,8769945

Hier gibt es ein Bild von einem Pendelverkehr zwischen zwei Neckermann-Standorten in Frankfurt um die Jahrtausendwende:
https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?017,8136292

In diesem Faden gibt es ab dem Einwurf von Nietenreko noch Informationen über eine logistische Sonderlösung von Neckermann nach dem Ende der Bahnpost:
https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?017,8607622


Die Papierfabrik Tela in Balsthal, Kanton Solothurn, benutzte in den 90er Jahren einige ältere Schiebewandwagen als rollendes Lager. Abgestellt waren die Wagen auf dem Areal der vormaligen Von-Roll-Gießerei bei der Station Klus ca. auf der Hälfte der Oensingen-Balsthal-Bahn, die die Wagen bei Bedarf dem Balsthaler Werk zu- und abführte.
Nachzulesen zum Beispiel im OeBB-GEschäftsbericht 1999:
https://www.oebb.org/gebe/gebe99/index.phtml#Gueterverkehr


Das weite Feld von Weitefeld und den Schäfer-Pendeln, oder die Verkehre zwischen den Werken von Walzen-Irle möchte ich den hiesigen Experten überlassen

Abrunden möchte ich meine kleine Aufstellung mit meinem persönlichen Haupt- und Staatspendel, der "Rollenden Pipeline" im Kieler Nordhafen, wie sie auch schon Eingang in das Rangierbuch fand:


https://abload.de/image.php?img=20160915_10375836j7e.jpg

Mir fällt wahrscheinlich noch mehr ein,
bis dahin
Gruß
Alex


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17.01.2021 18:33
#3 Das weite Feld um Weitefeld
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Schuur ihr Jonge,

ich habe heute mal geforscht, wie weit ich dieses Feld bestellen kann:

Zitat von Fischkopp im Beitrag #6
Das weite Feld von Weitefeld und den Schäfer-Pendeln, oder die Verkehre zwischen den Werken von Walzen-Irle möchte ich den hiesigen Experten überlassen


Vom Grundsatz her bestand zwischen den Werken in Weitefeld (Vorproduktion) und Betzdorf-Bruche (Endmontage und Versand) ein Pendelverkehr auf der Strecke der Westerwaldbahn über rund 17 Streckenkilometer. Zum Einsatz kamen diverse bauarten von Schiebewandwagen, die fast ausnahmslos mit der prägnanten "SSI-Schäfer" Beschriftung versehen waren. Die genaue Anzahl der eingesetzten Wagen habe ich auf die Schnelle jett nicht parat. Es müssen aber mehr als zehn gewesen sein.
Prinzipiell habe ich dieses Thema all' die Jahre sträflich vernachlässigt... Es war zu alltäglich, ein Ende nicht denkbar. Ein paar "analoge" Papierabzüge harren der Digitalisierung, eine handvoll Dias haben es zumindest schon in die digitale Welt geschafft:


Das "Westerwaldkrokodil" mit zweien der für den Werkspendel Betzdorf-Bruche - Weitefeld beschafften Schiebewandwagen in Scheuerfeld


Veränderte Perspektive


Die Wagen im Detail

Bilder aus Wetefeld werde ich suchen und digitalisieren... Das kann allerdings einen Moment dauern

Walzen-Irle in Deuz wird eine weitere Herausforderung werden.

Im Waldrich-Thread kam die Frage auf, ob es Pendelverkehre zwischen Waldrich I + II im Siegener Stadtteil Sieghütte und Waldrich III am Fusse des Häusligs gab. Das würde ich nahezu sicher ausschliessen. Hier greift dann die These von Tony Koester: Die geringe Entfernung im Stadtgebiet prädidtiniert den Einsatz von Lkw.

Grüße vom Exilsiegerländer aus Butzbach in der Wetterau

Hartmut


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20.01.2021 06:21
#4 RE: Erkenntnisgewinn für Marienstein-Gmund von anderswo
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Hallo zusammen,

Eine ähnliche Distanz wie die Schäferzüge im Westerwald legen die "Suppenzüge" an der Saar zurück. Nur geht es hier etwas schwergewichtiger zu. Es wird flüssiges Roheisen aus den Dillinger Hochöfen nach Völklingen ins Stahlwerk transportiert.
Zum Einsatz kommen hier 16 achsige Torpedopfannenwagen, Traktion war wechselnd. Aktuell bin ich nicht im Bilde welche Lok dort "pendelt".
Wenn man in Epoche 6 schaut, sind Containerzüge auch Pendelzüge, die meist unverändert von der Wagenanzahl auf ihrer Linie hin und her fahren.

Die Kunst eine Lokomotive zu führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden.
(The Australian Locomotive Enginedriver's Guide)

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20.01.2021 10:50 (zuletzt bearbeitet: 22.01.2021 19:38)
avatar  Gilpin
#5 RE: Erkenntnisgewinn für Marienstein-Gmund von anderswo
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Hi Kai-Nils,

dass aktuell

Zitat von cargonaut im Beitrag #9
Containerzüge auch Pendelzüge (sind), die meist unverändert von der Wagenanzahl auf ihrer Linie hin und her fahren
ist auf den einschlägigen Strecken gut zu beobachten: ein erheblicher Teil der Tragwagen fährt leer mit. Ich glaube, dass wir derlei nicht unbedingt darstellen wollen...

Schönen Rest der Woche noch,
Reiner (und Edith)


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20.01.2021 20:03
avatar  Boscho
#6 RE: "Pendelverkehr"
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Auf der Freien Grunder Eisenbahn gab es Binnenverkehre zwischen den Gruben Pfannenberg / Bautenberg und der Neunkirchener Hütte. Die Hütte besaß dafür auch eigene Wagen, die allesamt keine Bremsleitung hatten. Die einzige Bremse war - wenn vorhanden - eine Handbremse. Die Wagen waren beim Personal der FGE wohl entsprechend unbeliebt.

Betrieblich erschwerend kam hinzu, dass die "Hüttenwagen" stets am Zugschluss laufen mussten, was gegebenenfalls mehrfaches Umbilden der Züge bedingte (beide Gruben waren nur über Spitzkehren zu erreichen, auch in den Anschlussbahnhöfen war bei Beigabe weiterer Wagen der Zug entsprechend umzubilden).

Details dazu stehen im Buch zur Freien Grunder Eisenbahn von Löttgers/Wolf/Reuter/Trippe.


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20.01.2021 20:53 (zuletzt bearbeitet: 20.01.2021 20:54)
#7 RE: "Pendelverkehr"
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Schuur ihr Jonge,

ich möchte nicht "klugscheissern", aber in einem Punkt irrt Boscho: Die "internen" Verkehre liefen zwischen Bautenberg resp. Pfannenberg und der Friedrichdhütte in Herdorf. Diese war sowohl an den Bahnhof der FGE wie auch den der Staatsbahn angeschlossen.

In Herdorf selbst gab es zudem einen weiteren internen Verkehr der Friedrichshütte: Vom Sturzgerüst der am westlichen Bahnhof endenden Sottersbachtalbahn (Grube San Fernando) zu der am östlichen Bahnhofskopf anschliessenden Friedrichshütte. Zum Schluss mit gebraucht erworbenen OOtz 43 (vier Stück).

Grüße vom Exilsiegerländer aus Butzbach in der Wetterau

Hartmut


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20.01.2021 20:56 (zuletzt bearbeitet: 22.03.2022 17:24)
avatar  Gilpin
#8 Pendelverkehr auf der FGE als Anlagenthema?
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Danke Boscho, Guten Abend! Dir brauche ich nichts von der FGE zu erzählen, aber es gibt ja auch Neulinge, denen ein hallo!

... und es kommt ja immer wieder vor, dass jemand quasi die Frage stellt "Was mach' ich denn jetzt?" Eine sinnvolle Antwort findet sich hier, und es geht gleich los mit Bautenberg. Gleispläne (auch in 3-D), Erörterungen zu Identität-Elementen noch und nöcher, Fahrzeuge und Baulichkeiten. Wer trotz Lockdown, der ja wohl auch Modellbahngeschäfte trifft, ein wenig Material beisammen hat:

Á propos Löttgers et.al.: die Seiten 199 ff. sind ein guter Einstieg in unser Thema!

Schöne Woche noch,
Reiner

Und dann kommt die Edith* um die Ecke: Nun wissen wir gleich noch einmal genaueres, Hartmut. Da ich mich gerade an Neulinge wende: die Edith besorgt die nachträgliche Rechtschreibverbesserung - zum Beispiel um eigenständige Scherze der eingebauten Rechtschreibfunktion auszugleichen, oder wie in diesem Falle inhaltliche Ergänzungen.


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21.01.2021 21:18 (zuletzt bearbeitet: 21.01.2021 21:51)
#9 Schäferpendel der Westerwaldbahn
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Schuur ihr Jonge,

ein kurzer Zug auf dem Weg nach Weitefeld:



Anschlussbedienung in Weitefeld:




Rangierarbeiten im Werksanschluss

Ein langer Zug in Richtung Scheuerfeld:



Alle Bilder sind im Frühling 1998 entstanden. Damals noch analog mit eher suboptimaler Kamera...

Grüße vom Exilsiegerländer aus Butzbach in der Wetterau

Hartmut


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21.01.2021 22:28
#10 RE: Schäferpendel der Westerwaldbahn
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Zur Ergänzung, nochmals das Westerwaldkrokodil

https://www.bahnbilder.de/bild/deutschla...-jung-v-26.html

Grüße Hubert

"Sir, we are surrounded!" - "Perfect, so now we can attack in every direction!"

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22.01.2021 18:04
avatar  Boscho
#11 RE: "Pendelverkehr"
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Hartmut, danke für deine Korrektur ("klugscheissern" war das nämlich definitiv nicht).
Und so war es von mir auch gemeint - warum ich Herdorf und Neunkirchen durcheinander geschmissen habe: keine Ahnung. (Ich vermisse mal wieder die Funktion der nachträglichen Editierbarkeit von Beiträgen. )


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22.01.2021 18:38 (zuletzt bearbeitet: 22.01.2021 18:39)
#12 RE: "Pendelverkehr"
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Zitat von Boscho im Beitrag #16
Ich vermisse mal wieder die Funktion der nachträglichen Editierbarkeit von Beiträgen.

Bleibt auch so!

1. Die Leute sollen vorher überlegen was sie schreiben!
2. Bei Änderungen ergeben "plötzlich" die Antworten darauf keinen Sinn mehr!
3. Und auf leere Beiträge durch Löschaktionen von "enttäuschten" Nochmitgliedern hat keiner Bock!

Aus gegebenen Anlass können temporäre Bearbeitungsrechte gewährt werden, um zum Beispiel die Bilder zu restaurieren.
Bei Kleinigkeiten kann man auch mal einen Administrator bitten etwas zu Ändern!

Grüße Hubert

"Sir, we are surrounded!" - "Perfect, so now we can attack in every direction!"

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25.06.2021 10:54
avatar  Gilpin
#13 Nochmal Marienstein
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Hi Diskutanten der Pendelverkehre,

zum Ausgangspunkt der Erörterungen kann ich with a little help from my friends etwas Neues und Erhellendes beitragen. Ich muss selbst noch alles lesen, es ist eine Fülle.

Schönes Wochenende, das für mich heute beginnt,
Gilpin


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21.03.2022 17:34
#14 Holzaktion in Lübeck
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Moin moin,
bei DSO hab ich noch was Schönes ausgegraben:
Die Firma Holz Michelsen empfing über das Stammgleis am Geniner Traveufer bis in die 90er Jahre Schnittholz aus Skandinavien. Und manchmal auch eine ganze Schiffsladung auf einmal. Aber da seegehende Schiffe das südlich der Altstadt gelegene Genin nicht erreichen können, wurde das Holz an den Kais nördlich der Altstadt entladen und per Ganzzug ganze 3 km Luftlinie zu Michelsen gebracht.
Ebenso wunderbar finde ich die Entladeszenen mit diversem Gerät auf einer zwar schwach befahrenen, aber doch öffentlichen Straße.
(Es gibt auch noch die Teile 1 - 3, die sind jeweils in den Beiträgen verlinkt.)

Guten Start in die Woche also allerseits,
Gruß
Alex


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18.04.2022 18:43
#15 Containerzüge als Pendel
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Zitat von Gilpin im Beitrag #10
dass aktuell
Zitat von cargonaut im Beitrag #9
Containerzüge auch Pendelzüge (sind), die meist unverändert von der Wagenanzahl auf ihrer Linie hin und her fahren
ist auf den einschlägigen Strecken gut zu beobachten: ein erheblicher Teil der Tragwagen fährt leer mit.


Hallo Reiner,

nicht zwingend ist das so.

Es gibt/gab auch Containerzug-"Systeme". Da treffen sich mehrere Züge an einem passend gelegenen Bahnhof und dann werden fleißig Wagengruppen getauscht. Meines Wissens war das zumindest bei den Hellmann-Zügen so, da wurden nachts Wagengruppen in Hannover-Linden getauscht.

Das könnte man auch in kleinerem Ausmaß nachbilden.

Als RhB-Fan wären beim Thema Pendelverkehre natürlich die Valser-Wasser-Züge zwischen Illanz und Untervaz zu nennen. In den 1990ern mit Schiebewandwagen und fallweise wurde dem RhB-Krokodil vor diesen Zügen Auslauf gegeben.

Schöne Grüße
Jan

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18.04.2022 19:11
#16 RE: Containerzüge als Pendel
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Zitat von Gruppentaste im Beitrag #20
Zitat von Gilpin im Beitrag #10
dass aktuell
Zitat von cargonaut im Beitrag #9
Containerzüge auch Pendelzüge (sind), die meist unverändert von der Wagenanzahl auf ihrer Linie hin und her fahren
ist auf den einschlägigen Strecken gut zu beobachten: ein erheblicher Teil der Tragwagen fährt leer mit.


Hallo Reiner,

nicht zwingend ist das so.

Es gibt/gab auch Containerzug-"Systeme". Da treffen sich mehrere Züge an einem passend gelegenen Bahnhof und dann werden fleißig Wagengruppen getauscht. Meines Wissens war das zumindest bei den Hellmann-Zügen so, da wurden nachts Wagengruppen in Hannover-Linden getauscht.

Das könnte man auch in kleinerem Ausmaß nachbilden.

Als RhB-Fan wären beim Thema Pendelverkehre natürlich die Valser-Wasser-Züge zwischen Illanz und Untervaz zu nennen. In den 1990ern mit Schiebewandwagen und fallweise wurde dem RhB-Krokodil vor diesen Zügen Auslauf gegeben.


Das ist korrekt, das gab es in Köln Eifeltor auch. Extra für diese Umstellfahrten gab es sogar eine dritte Rangierlok für den KLV.
In der heutigen Zeit werden solche Konzepte auf Grund von Ausschreibungen und der "hohen Zuverlässigkeitsrate" der DB Netz eher gemieden.

Viele Grüße
Kai-Nils

Die Kunst eine Lokomotive zu führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden.
(The Australian Locomotive Enginedriver's Guide)

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18.04.2022 23:20 (zuletzt bearbeitet: 19.04.2022 07:49)
#17 RE: Containerzüge als Pendel
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Guten Abend,

aus eigenem Erleben möchte ich noch einen, inzwischen vergangenen, Pendelverkehr der Epoche 5/6 vorstellen.

An meiner Heimatstrecke, der Linie Eystrup-Syke der Verkehrsbetriebe Graftschaft Hoya (VGH), befindet sich in Hoya die große Papierfabrik der Firma Smurfit Kappa (früher jahrzehntelang "Europa Carton", das - oder auch "die Carton" - ist auch heute noch die in der Gegend übliche Bezeichnung). Das Werk entstand 1959 und hatte von Anfang an einen Gleisanschluss, früher war das eine Awanst, vor wenigen Jahren umgewidmet zum "Bahnhof Hoya Ost", was die betriebliche Handhabung sehr vereinfacht hat.

Hier ist das Werk: https://www.google.de/maps/@52.808619,9....m/data=!3m1!1e3 Wer genau hinschaut sieht die VGH-Lok 22 (eine Mak G763C die Hartmut sicher noch in Siegen gefahren hat) im Anschluss.

Viele Jahrzehnte spielte der Eisenbahntransport für das Werk nur die zweite Geige, man setzte überwiegend auf den Lkw. Anfang der 2000er wurde nach einer Erweiterung der Produktionsanlagen auf dem Werksgelände der Platz sehr knapp, und für die Zwischenlagerung und Kommissionierung der per LKW zu versendenden Produkte musste eine andere Lösung gefunden werden. Dazu errichtete eine lokale Spedition am Bahnhof Eystrup eine neue Lagerhalle mit Gleisanschluss, und die VGH mietete einen Zug aus vier vierachsigen Schiebewandwagen an der vom Werk nach Eystrup zu Speditionshalle pendelte (in Eystrup musste dafür jeweils der DB-Bahnhof durchquert werden). Die Spedition besorgte dann die weitere Kommissionierung und LKW-Verladung.

Hier die Speditionshalle: https://www.google.de/maps/@52.7792907,9...m/data=!3m1!1e3

Dieser Pendelverkehr lief rund 10 Jahre lang nach meiner Erinnerung zweimal täglich, teils zusammen mit anderen Wagen des normalen Einzelwagenverkehrs, teils in besonderen Fahrten. Nach Schaffung neuer Lagerkapazitäten auf dem Werksgelände wurde er eingestellt.

Allerdings läuft heute der Großteil der Tonnage sowieso über die Schiene, und Smurfit ist der dominierende Güterkunde der VGH die werktags in zwei Schichten beschäftigt ist Altpapier anzuliefern und Fertigprodukte abzufahren. Betrieblich immer recht interessant, auch da die Transporte oft recht kurzfristig disponiert werden. Daher wird in Eystrup und Hoya immer ein großer Park an Schiebewandwagen verschiedener Bauarten vorgehalten um jederzeit das passende Transportbehältnis greifbar zu haben; es werden z. B. viele Transporte nach Schweden (anderes Lichtraumprofil) und Finnland (Übergang auf Breitspur) abgewickelt die je besondere Wagentypen erfordern.

Wer neugierig geworden ist kann hier der VGH beim Rangieren im Werk und bei einer Fahrt nach Eystrup zusehen:
https://www.youtube.com/watch?v=mKZ86VvW7Ck


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