Entgleisungsursache (man lernt nie aus)

30.05.2021 13:36
#1 Entgleisungsursache (man lernt nie aus)
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Hallo Forumer, auf meiner Anlage gibt es schon seit Jahren einen störenden Engleisungseffekt, dem ich endlich auf die Spur gekommen bin, und der beim Gleisbau beachtet werden sollte.

Gelegentlich, relativ selten, entgleist mein längster Güterzug an der Einfahrweiche des Bahnhofs Niederpöllnitz. Die Zuglok ist eine Roco 44 mit Kardanantrieb, die eigentlich zuverlässig ihren Dienst tut und sonst noch nie negativ aufgefallen ist. Die Spurkranzinnenmaße sind in Ordnung, daran kanns nicht liegen. Komischerweis wird die Weiche stumpf befahren, bei dieser Richtung gibt es doch sehr selten Entgleisungen! Die Entgleisung geschieht in Höhe des Herzstücks nach dem Passieren der Radlenker, die Lok steht danach mit allen fünf Radsätzen direkt rechts neben den zugeordneten Schienen. Die Weiche ist eine "schlanke" Roco-Line-Weiche mit 10° Herzstückwinkel, alle Maße sind normgerecht. Ich habe mehrere Weichen dieser Bauart auf der Anlage, die anderen sind noch nie aufgefallen.

Nach genauerer Beobachtung dieses Vorgangs fiel mir auf, dass die Ursache vor der Weiche liegen musste, denn die Lok kam im Entgleisungsfall schon mit einer nach rechts entgleisten fünften Kuppelachse an der Weiche an, an den Radlenkern wurde dann das ganze Fahrwerk angehoben und verlor die Spurführung. Ich musste also herausfinden, wo diese fünfte Kuppelachse aufklettern konnte und wieso nur die fünfte Achse betroffen war.

Leider passierte dieser Vorgang nicht immer, es waren also viele Versuchsfahrten notwendig. Durch genaues Hinhören konnte ich die ungefähre Stelle (Rechtsbogen in der Gleiswendel, r = 645 mm) herausfinden, auf den ersten Blick nicht auffällig. Doch! Da gab es eine Gleisverbindung an einer Übergangsstelle zwischen 2,1 und 2,5 mm Schienenprofil. Im verdeckten Bereich habe ich noch alte 2,5 mm-Gleise eingebaut, an den Übergangsstellen natürlich mit den korrekten Schienenverbindern, die die Höhendifferenz ausgleichen. Was dabei nicht ausgeglichen wird, ist die Differenz der Schienenkopf-Breite, die Roco-Line-Profile haben einen etwas schmaleren Schienenkopf. Da war also bei der Montage der Gleise an der Bogen-Innenseite, in Fahrtrichtung rechts, eine winzige horizontale Stufe entstanden, mit dem Finger gerade noch fühlbar.

Auf der folgenden übertriebenen Skizze sieht man, wieso ausgerechnet die letzte Kuppelachse eines Einrahmen-Fünfkupplers aufklettert:


Die Radsätze sind seitenverschieblich, dadurch steht der letzte Radsatz in einem besonders ungünstigen Winkel zur Schiene, da begünstigt jede kleine Stufe das Aufklettern, siehe Pfeil.

Mit einer kleinen Feile ließ sich die Stufe leicht entschärfen - Problem gelöst.

Fazit für den Gleisbau: Der Kurpfälzer sagt: Uffbasse! Auch kleinste Unterschiede in der Schienenkopfbreite können kritisch werden, besonders in engen Bögen.

Mit Hp1-Gruß - Helmut


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30.05.2021 13:42
#2 RE: Entgleisungsursache (man lernt nie aus)
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Ich glaube nicht, dass ich je 5-Kuppler auf einer Moba fahren lassen werde - aber die Analyse und Erklärung mechanischer Vorgänge interessiert und fasziniert mich immer - so auch hier. Danke !

H.M.


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30.05.2021 22:08
avatar  Frank
#3 RE: Entgleisungsursache (man lernt nie aus)
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Hallo,

was einem vor Augen führt, dass es sehr wichtig ist, dass die Gleise auf der Innenseite im Topzustand sind und außen es aus fahrtechnischer Sicht unwichtig ist.

Grüße Frank


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