Auslastung von Berninazügen

26.12.2014 18:33 (zuletzt bearbeitet: 26.12.2014 18:33)
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#1 Auslastung von Berninazügen
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OOK

Die Berninabahn der Rhätischen Bahn transportiert eine Menge Güter über den Berninapass, fährt aber keine Güterzüge. Alle Güterwagen werden in PmG über den Pass befördert, die aber nicht so genannt werden. Bei der RhB sagt man einfach, dass gewöhnliche Regionalzüge durch Anhängen von Güterwagen "ausgelastet" werden. Je nach Aufkommen und Zuglänge kann das ein einzelner Wagen sein,wie auf diesem Foto, oder aber auch deren zwei, drei oder vier.


Auf dieser Aufnahme von Oktober 2014 ist ein Zug von St.Moritz in Pontresina eingetroffen und erhält vor der Weiterfahrt über den Pass einen Wagen mit Holz beigestellt, der bis Campocologno mitlaufen wird. Ab dort wird das Holz per LKW nach Italien weiterbefördert.
Nun sind ja alle Züge der Berninabahn, sofern es sich nicht um die Bernina-Expresse handelt, langsame, sehr langsame Regionalzüge. Da sieht so ein GmP schon stimmig aus, auch wenn die Reisezugwagen teilweise sehr schnellzugmäßig aussehen.
Aber: Auf der Albulastrecke der RhB wird dieses Verfahren auch angewendet, obwohl dort zahlreiche Güterzüge fahren. Es handelt sich daher zumeist um eilige Schiebewandwagen der diversen Supermarktketten mit Lebensmitteln oder auch um Wagen mit Postcontainern, die den "Schnellzügen" angehängt werden.
(Die Schnellzüge mussten vor einigen Jahren auf Geheiß der SBB oder des Verkehrsministeriums in Regionalzüge umbenannt werden.)

Ist Ähnliches aus deutschen Landen (zumindest aus der Historie) bekannt?

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27.12.2014 12:08
#2 RE: Auslastung von Berninazügen
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Zitat von OOK im Beitrag #1
Ist Ähnliches aus deutschen Landen (zumindest aus der Historie) bekannt?

Ja, gemischte Züge sind auch bei uns gelaufen! Link DSO zum Beispiel

Grüße Hubert

"Sir, we are surrounded!" - "Perfect, so now we can attack in every direction!"

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27.12.2014 14:58
avatar  dave
#3 RE: Auslastung von Berninazügen
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Bei der Mariazellerbahn gab es das bis 1987 auch.
Die Holzzüge aus Gusswerk hatten eine sehr wechselhafte Auslastung. So gab es einen planmäßigen Güterzug pro Tag. Bei Bedarf wurde der Güterzug aus Laubenbachmühle bis Mariazell verlängert um damit Holz abzutransportieren. Zusätzlich wurden die Personenzüge "aufgeputzt", also Beigabe von Holzwagen bis zur Belastungsgrenze. Das wurde auch gemacht, wenn die regulären Güterzüge nicht voll ausgelastet waren um ab Obergrafendorf noch Rollwagen nach St.Pölten mitnehmen zu können.
Von St.Pölten aus wurden auch den Personenzügen Leerwagen mitgegeben. Die Leerwagen (das "G'schirr") wurden in Mariazell abgestellt um kurzfristig Wagen in Gusswerk zur Beladung beizustellen.


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27.12.2014 19:25
avatar  OOK
#4 Zugauslastung in drei Sprachen
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OOK

dave für diese Auffüllung meiner Wissenslücke. Gleichzeitig wird auch noch die dritte deutsche Sprache mit ihren Spezialausdrücken eingebracht. In A sagt man also "aufputzen" wo man in CH ziemlich prosaisch "auslasten" sagt. Was sagt man da eigentlich in D?
Und "G'schirr" für die Leerwagen, die vermutlich so heißen, weil die losen Ketten so herumscheppern, ist auch stark. Gibts da in D und CH was Entsprechendes?

Bei mir sind schon die Zahnrädchen am surren, ob und wie ich das bei der BAE sinnvoll einführen kann.

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28.12.2014 10:54
avatar  dave
#5 RE: Zugauslastung in drei Sprachen
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Es geht noch besser auf der Mariazellerbahn!
Bei den Personenwagen gab/gibt es "gerade" und "krumpe" (krumme) Wagen. Die Krumpe ist die dieselbetriebene Zweigstrecke der MzB Obergrafendorf - Gresten (- Wieselburg). Die "geraden" Wagen haben nur die Elektroheizung für den Oberleitungsbetrieb nach Mariazell. Die "krumpen" Wagen haben zusätzlich eine Webasto-Heizung und können somit auch hinter den Dieselloks eingesetzt werden, die keine Wagenheizmöglichkeit haben. Warum die Wagen "gerade" heißen dürfte in der geradlinigen Strecke nach Mariazell hinter Obergrafendorf liegen, während die Krumpe mit einem engen Bogen abzweigt.
Bei den Güterwagen gab es auch ein paar Spezialausdrücke. Die Bedeutung von "Bockerl" und "Roller" dürfte leicht zu erraten sein. Dann gab es noch die "Eigenen". Das waren die schmalspurigen Güterwagen.

Vermutlich gibt es überall lokale Ausdrücke für amtsdeutsche Begriffe geben. In der Literatur oder im Internet wird wahrscheinlich nur wenig bekannt sein.


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30.12.2014 20:13
avatar  HFy
#6 RE: Zugauslastung in drei Sprachen
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HFy

Da kann ich nur das dicke Buch über die Mariazellerbahn von Herbert Felsinger empfehlen. Ab S. 172 wird es besonders interessant.

Herbert (nicht Felsinger)


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30.12.2014 21:04
#7 RE: Auslastung von Berninazügen
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Selten hat's das wohl noch in den 80er auf Hauptbahnen gegeben - nur so kann ich mir drei Fotos in Postings in meinem Blog erklären:

Oeblarn: Am vierten Bild hängt hinter dem rechten Hut ein Milchwagen, wenn ich nicht irre.
Hochfilzen: Am sechsten Bild schleppt der Pers zwei Güterwagen mit.
Sigmundsherberg: Auch hier hängen zwei Güterwagen dran - allerdings scheint der Zug mit zwei Maschinen und zwei Packwagen irgendwie "aus zwei Zügen zusammengestoppelt" ...

Bis auf ein paar offensichtlich planmäßige Eilgutwagen in Eilzügen sind das allerdings alle entsprechenden Bilder, die ich unter meinen Fotos gefunden habe. Zu dem Zeitpunkt (1980er) war die Fahrgeschwindigkeit auf Hauptstrecken i.d.R. wohl auch bei Personenzügen schon so hoch (stellenweise 120 km/h), dass die Beigabe von Güterwagen nicht mehr möglich war (mit ihren manchmal noch 80, i.d.R. 100 km/h Bauarthöchstgeschwindigkeit). Und wenn überhaupt, konnte man solche Wagen praktisch nur vom Ausgangsbahnhof bis zum Endbahnhof beigeben, weil sonst keine Zeit für Verschieben+Kuppeln+(vereinfachte)Bremsprobe war ...

... ist das nicht auch auf der RhB so? Denn auch dort werden die Personenzugsfahrpläne keine Zeit dafür lassen, oder? (wobei Pontresina da wohl eine Ausnahme ist = dort halten die Personenzüge länger ... ohne dass ich jetzt in den Fahrplan schaue, mit jahreseitgemäßer Faulheit ...).

Harald M.


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31.12.2014 08:56
avatar  OOK
#8 RE: Auslastung von Berninazügen
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OOK

Zitat von hmmueller im Beitrag #7
Und wenn überhaupt, konnte man solche Wagen praktisch nur vom Ausgangsbahnhof bis zum Endbahnhof beigeben, weil sonst keine Zeit für Verschieben+Kuppeln+(vereinfachte)Bremsprobe war ...

... ist das nicht auch auf der RhB so? Denn auch dort werden die Personenzugsfahrpläne keine Zeit dafür lassen, oder? (wobei Pontresina da wohl eine Ausnahme ist = dort halten die Personenzüge länger ...)

In der Tat halten die Berninazüge in Pontresina länger wegen gegenseitiger Anschlusskoordination mit den Zügen von und nach Samedan.
Bei den Albula-Schnellzügen (ich nenne sie immer noch so) gibt es nur wenige Bahnhöfe,an denen Güterwagen an oder abgesetzt werden können: Reichenau-Tamins, Thusis und Samedan. Häufiger vorkommen tut das aber nur in Samedan, weil dort die Hauptgüterdrehscheibe des Engadins ist.

Dennoch kann das in dieser Form wohl nur bei der RhB funktionieren, deren Rangiergeschwindigkeit enorm ist, Und durch einen hohen Peronalstand an Rangierern (in Samedan mind. ein halbes Dutzend) gehen auch die Bremsproben (Saugluft) ratz-fatz. Da muss kein müder Schaffner langsam am Zug entlangschlurfen, sondern da steht vorn, in der Mitte und hinten einer mit dem Langstielhammer und hat in wenigen Sekunden das Anliegen der Klözte geprüft.

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31.12.2014 11:18
avatar  dave
#9 RE: Zugauslastung in drei Sprachen
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Zitat von HFy im Beitrag #6
Da kann ich nur das dicke Buch über die Mariazellerbahn von Herbert Felsinger empfehlen. Ab S. 172 wird es besonders interessant.


Bei der mir vorliegenden 3. Auflage wird das wohl ab S. 223 sein. Im Band 204 von "Bahn im Bild" findet man das "Auputzen" auf S.56, 58 und 61.

Da kommt mir noch ein Kindheitserinnerung hoch: Auf der Attergaubahn (Vöcklamarkt - Attersee, 1000mm) gab es zu meiner Kindheit (90er) keinen Güterverkehr mehr, aber sehr wohl noch Holztransporte St.Georgen - Vöcklamarkt. Der Aufentahlt in St.Georgen war lange genug, dass der ET die Wagen abholen bzw. beistellen konnte.


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31.12.2014 12:53
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#10 RE: Zugauslastung in drei Sprachen
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OOK

Zitat von dave im Beitrag #9
Auf der Attergaubahn (Vöcklamarkt - Attersee, 1000mm) gab es zu meiner Kindheit (90er) keinen Güterverkehr mehr, aber sehr wohl noch Holztransporte St.Georgen - Vöcklamarkt. Der Aufentahlt in St.Georgen war lange genug, dass der ET die Wagen abholen bzw. beistellen konnte.
Gibts einen Bilderlink?

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31.12.2014 13:28
#11 RE: Zugauslastung in drei Sprachen
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Zitat von OOK im Beitrag #10
Gibts einen Bilderlink?

Ja, und zwar ca. Mitte Website!

Grüße Hubert

"Sir, we are surrounded!" - "Perfect, so now we can attack in every direction!"

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31.12.2014 17:00
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#12 RE: Zugauslastung in drei Sprachen
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Hubert, ein toller Link!* !!!

*nicht nur wegen der Attergaubahn.

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31.12.2014 17:48
#13 RE: Zugauslastung in drei Sprachen
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Hallo!

Hier ebenfalls, bei Teil 2, letztes Bild und bei Teil 4 Anfang.

http://www.tramwayforum.at/index.php?topic=2784.0

Grüße, Konstantin.


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01.01.2015 08:36
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#14 RE: Zugauslastung in drei Sprachen
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OOK

Auch ein wertvoller Link.
Dem dortigen Poster gebührt Dank, dass er seine schönen Bilder zeigt, aber er hat offenbar kein Interesse an Details und an Funktionalem, ein Reiner Gucker. Das Thema Güterverkehr hat er gar nicht bemerkt, da kommt eher mal zufällig was drauf,siehe Teil 4, Bilder 6/7.
Nun, da ist er ja keine Ausnahme.
Aber welche Funktion hatte der einzelne gedeckte Wagen in den Bildern am Anfang von Teil 4? Stückgutkurswagen?

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29.01.2020 21:13 (zuletzt bearbeitet: 29.01.2020 21:16)
avatar  Gilpin
#15 Holztransporte St.Georgen - Vöcklamerkt
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Hallo Alle,

schön, das auch dass Thema Güterverkehr auf der Attergaubahn (Vöcklamarkt - Attersee, 1000mm) hoch illustrativ beschrieben wurde: im Rangierbuch! Ein feiner Abschluss - hoffentlich ein vorläufiger!

Ich wünsche eine Gute Zeit,
Gilpin


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30.01.2020 10:26
avatar  OOK
#16 RE: Holztransporte St.Georgen - Vöcklamerkt
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OOK

Das verdanken wir dem Schweizer Werner Hardmeier, der den Sinn für Rangierphasen hat und damals schon, als der Film in der Kamera 36 Bilder hatte und man sparsam sein musste, häufig genug auf den Auslöser gedrückt hat, so dass wir das heute so nachempfinden (und auf der Modellbahn nachstellen) können.

Gruß

Otto

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25.03.2024 21:06
#17 RE: Auslasten von RhB-Zügen
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Hallo zusammen,

beim Lesen dieses Stranges fiel mir noch eine offene Frage auf, nämlich nach der Berücksichtigung der Güterwagenauslastung im Fahrplan.

Das lässt sich im Fahrplan von 1986-1988 recht gut nachweisen, weil dort noch kein reiner Takt bestand. Es gab noch die Albula-Regionalzüge, die fast immer PmG waren. In Samedan, Thusis und Chur gab es lange Halte von 15 min, in Thusis sogar über eine halbe Stunde, die nichts mit Anschlüssen zu tun hatten sondern eben der Zugumbildung dienen konnten.

Auf der Engadiner Linie gab es früh morgens den Zug 205, der in Zernez 7 min hielt, um Güterwagen abzusetzen. Auf dem Streckenstück bis nach Scuol gab man diesem Zug auch 2 min mehr Fahrzeit, damit auch Güterwagen mit Vmax 55 km/h mitgeführt werden konnten. Auch andere Züge hatten teilweise längere Halte.

Die Pendel-Züge Samedan-Pontresina konnten alle Güterwagen mitnehmen. Zu dieser Zeit gab es dort keinen planmäßigen Güterzug. Waren Kurswagen zu befördern, hat man auf die Beigabe von Güterwagen verzichtet, damit das Rangiergeschäft nicht zu kompliziert wurde.

Eine schöne Zeit…

Gruß
Thomas


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