Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...

14.12.2009 20:38
#1 Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar

im amerikanisch-sprachingen Forum der Layout Design SIG
http://groups.yahoo.com/group/ldsig/message/81616
läuft im Moment ein Diskussions-Stream, der unter Anderem davon handelt, was passiert, wenn kulturelle Unterschiede beim Anlagendesign auftreten.

Z. B.:
* was passiert, wenn Iain Rice (Engländer) US-amerikanische Anlagen entwirft (Iain Rice hat mehrere Bücher bei Kalmbach (USA) verlegt, und -staun- die US-Leute sagen: klasse + Obacht (das ist Fränkisch und bedeutet: ACHTUNG)!!

Außerdem geht es in diesem Stream um "Layout Design Books"

Michael


 Antworten

 Beitrag melden
14.12.2009 21:31
avatar  HFy
#2 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar
HFy

In der Tat, seit der Kontinentalverschiebung hat sich die Modellbahnerei in den verschiedenen Erdteilen (Amerika, Europa, Großbritannien) völlig unterschiedlich entwickelt. Die Einteilung des Experten aus Herdecke (Westf.) erscheint mir schlüssig, wenn ich auch zu Japan nichts sagen kann. Ich hatte schon so eine leise Ahnung davon, als ich anfangs der Achtziger meine ersten Hefte des Model Railroader und der Loco-Revue kaufte. Zwar wird damals die durchschnittliche französische Anlage nicht viel besser ausgesehen haben als die durchschnittliche deutsche, aber die LR verstand sich als moralische Anstalt und war für britische und amerikanische Einflüsse weit offen.
Jugendliche etwa bis dreißig werden sich kaum vorstellen können, wie vor dreißig Jahren die Modellbahnwelt aussah. Hünerbein in Aachen war das einzige mir bekannte Modellbahngeschäft, das ausländische Zeitschriften führte (nämlich die beiden erwähnten). Modellbahnbücher aus dem Ausland waren gar nicht oder nur unter unnennbaren Leiden zu ergattern. Bis vor etwa zwanzig Jahren schmorte ein jeder im eigenen Saft; dann kamen im Abstand weniger Jahre die Auflösung des Ostblocks, der Kanaltunnel, das Internet, das Schengener Abkommen und der Euro. Mit einem Mal saß niemand mehr auf einer Insel, auch die Briten nicht, wenn auch einige von ihnen das noch glauben.

Herbert


 Antworten

 Beitrag melden
14.12.2009 22:20
#3 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar

ja, Herbert:

ich habe vor langer Zeit eine Notiz in der MIBA gefunden, in der das Buch von Linn Westcott "Model Railroading with John Allen" begeistert besprochen wurde. Und nicht nur das: man konnte das Buch direkt bei der MIBA bestellen. Das habe ich sofort beim Lesen getan -damals musste man noch einen echten Brief schreiben-.

Und ich war begeistert, als das Buch ankam. Übrigens: für dieses Posting habe ich es mir extra aus dem Regal geholt: eine klasse und -auch für heutige Verhältnisse faszinierende- Anlage.

Als ich dieses Buch las, bekam ich den zweiten Eindruck vom vorbildgerechten Modellbahn-Betrieb.
Meinen ersten, und den von da an sofort nachhaltigen, erhielt ich durch Herbert Eisenreichs 1968 erschienenes Buch "Große Welt auf kleinen Schienen"

Michael


 Antworten

 Beitrag melden
27.11.2013 13:00
avatar  OOK
#4 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar
OOK

Irgendwie ist das Strangthema "Kulturelle Einflüsse auf das Anlagendesign" gleich zu Anfang in allerlei netten Anmerkungen untergegangen und daher noch lange nicht ausdiskutiert. Hierher würde übrigens sehr gut das an anderer Stelle diskutierte Thema der Paradestrecke passen. Da habe ich auch schon etwas zu kulturellen Einflüssen gesagt. Da gibt es sicher noch mehr zu sagen. Nur her damit.

OOK
Heute schon in den ADJ-Blog geschaut?
https://www.jaffas-moba-shop.de/anlagen-design-journal/

 Antworten

 Beitrag melden
29.11.2013 21:52
avatar  HFy
#5 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar
HFy

Im Sinne eines erweiterten Kulturbegriffs könnte man auch die Einflüsse der Modellbahnindustrie und-presse auf die Modellbahnerei untersuchen. Schon daß die MIBA wiederholt schrieb "das Vorbild ist das beste Vorbild" (oder so) zeigte schon, daß bei uns etwas schiefgelaufen war. Weder in den USA noch auf den feuchten Inseln unter dem Winde hätte man das eigens betonen müssen. Bei uns konnte es passieren, daß eine Anlagen "irgendwo in Deutschland" (also nirgendwo) angesiedelt sein sollte, während die Briten bei ihrem "Great Western country terminus" (der zeitweise eine Landplage gewesen sein soll) zumindest wußten, daß er irgendwo westlich von London sein mußte. In den USA gibt es womöglich "irgendwo"; ich war zwar nie dort, habe mir aber sagen lassen, daß "das Stück in der Mitte" überall ziemlich gleich aussieht. Dennoch oder deswegen versuchen viele Amerikaner, jedenfalls den amerikanischen Zeitschriften nach zu urteilen, eine bestimmte Bahn oder einen bestimmten Landstrich nachzubilden. Das mag an der besseren Vorbildkenntnis liegen, oder kommt die Vorbildkenntnis vom größeren Problembewußtsein? Obendrein findet man dort, wo es keine Staatsbahnen gibt oder gab, durchaus supporters der einen oder anderen Bahn. Wenn ich mich da richtig erinnere, schrieb John Armstrong einmal, daß die Anhänger der Great Western ebensowenig Spaß verstünden wie die der Pennsylvania Railraoad. Das bringt mich zu dem britischen Eisenbahnpionier, der anno 1944 in Italien landete und nach Besichtigung der Ferrovie dello Stato konstatierte: "Sie machen es anders als die Great Western". Ich habe nie verstanden, warum die Franzosen ihre Pioniereinheiten ausgerechnet "génie" nennen.
In Epoche V (oder sind wir schon bei Epoche VI) fällt es vielleicht schwer, einen Bahnhof in Bayern von einem in Schleswig-Holstein zu unterscheiden, Birken sehen schließlich überall gleich aus. Gehen wir ein paar Meter vom Bahnhof weg oder ein paar Jahrzehnte in der Zeit zurück, dann werden wir aber den Unterscheid nicht mehr übersehen können. Oder doch? Es gibt ja Leute, die das württembergische Stellwerk neben das preußische Empfangsgebäude stellen, und das mit ebensolchem Aplomb wie die Bahn AG, die da eine Verspätung mit Laub auf den Gleisen erklärt.
Deutschland war sicher einmal führend in der Modellbahnindustrie,ist aber bei der Modellbahn eher eine verspätete Nation. Sicher gegenüber Großbritannien (den Model Railway Club in London gibt es seit 1910!) und den USA und wohl auch gegenüber Frankreich und den Niederlanden.

Herbert


 Antworten

 Beitrag melden
23.10.2015 17:51
avatar  OOK
#6 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar
OOK

Da ich mich schon wiederholt als Oberstranghocholer verdient gemacht habe (und immer noch auf die dafür eigentlich fälligen Lorbeeren warte ), versuche ich es gleich noch einmal mit diesem hier.
Das Thema heißt Kuturelle Einflüsse, ohne dass irgendjemand definiert hätte, was darunter zu verstehen ist. Geht aber auch ohne.
Was mir schon öfter durch den Kopf gegangen ist: Hätte sich die deutsche Modellbahnerei vielleicht irgendwie anders entwickelt, wenn die erste richtige Modellbahnzeitschrift nicht im romantischen Franken gegründet worden wäre, sondern in so genannten kühlen Norden, in Hamburg etwa oder in Bremen?

OOK
Heute schon in den ADJ-Blog geschaut?
https://www.jaffas-moba-shop.de/anlagen-design-journal/

 Antworten

 Beitrag melden
23.10.2015 19:55
#7 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar

Ich denke, dass das absolut der Fall gewesen wäre,
denn die Auswirkungen des "romantischen Franken" spürt man selbst in diesem Forum:
Wie weit sind wir denn zum Beispiel bisher im Industriebahnstrang nebenan gekommen?
Mannheim, Plettenberg, der Freie Grund. Das (geographisch)höchste der Gefühle war
noch Hamburg-Ottensen. Und was kommt da drüber? Dänemark?
Wer in Franken so vor sich rumschreibt, könnte das fasst denken....
Aber jetzt mal etwas weniger ernst, ich denke, dass ein Hamburger Redakteur viel
früher auf den Trichter mit dem Rangieren gekommen wäre, einfach, weil ihm das in
einer Hafenstadt viel häufiger, vielfältiger und atmosphärisch dichter begegnet
wäre als in Franken. Wobei das auch hätte passieren können, wenn der Verlag im
Pott gesessen hätte.
So oder so wäre es vielleicht eine bessere Modellbahnwelt geworden, wahrscheinlich
mit dem Branchenprimus "MAPUD-Magazin".
Wer weiß?


 Antworten

 Beitrag melden
23.10.2015 20:44
avatar  HFy
#8 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar
HFy

"Nämberch" ist allerdings auch eine Groß- und Industriestadt; ein Zusammenhang mit dem Erscheinungsjahr der ersten MIBA wäre auch denkbar. Die Fünfziger Jahre, die wir mit der Währungsreform beginnen lassen dürfen, waren in mancher Hinsicht eine gesellschaftliche und ästhetische Restaurationsepoche. In Großbritannien, den USA und Frankreich gab es damals schon eine Modellbahnpresse, während es in Deutschland an einer Zeitschrift mit konsequenter Auflage noch fehlte. Nach dem "Dritten Reich", das nicht nur die deutschen Großstädte als Trümmer hinterlassen hatte, richtete sich der Blick auf das zweite oder das erste, wobei Deutschlands große Zeit (1920-1932) weitgehend übersehen wurde. Weder die Trümmer noch die Wiederaufbau-Architektur reizten zur Nachbildung, und der baukünstlerische Wert der Industriearchitektur mußte erst noch entdeckt werden - auch den Anhalter Bahnhof hat man ja abgerissen, wie so vieles andere. Hinzu kam wohl noch, daß die Öffentlichkeit außer auf Bahnhöfen wenig vom Vorbild sehen konnte. Während in Großbritannien die "Enthusiast" von den Eisenbahngesellschaften empfangen wurden und sogar auf der "footplate" mit der Stoppuhr Aufstellung nehmen durften, machte man dem verstorbenen Gerhard Moll - immerhin Eisenbahner - noch in den sechziger Jahren Schwierigkeiten, wenn er mal in einem Bw fotografierte, in dem er dienstlich zu tun hatte. Von der "Reichsbahn ohne Reich" ganz zu schweigen, wo Anschauen verboten war.

Herbert


 Antworten

 Beitrag melden
23.10.2015 21:41
#9 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar

Ich glaube auch, dass Nürnberg bzw Franken als publizistischer Zentralort der Modellbahnerei in D dazu geführt hat, dass auf den Anlagen in diesem unserem Lande viel zu viel Romantik herrscht, zuviel Niedliches und Hübsches. Wäre dieser Zentralort beispielsweise Dortmund oder Duisburg gewesen, wäre möglicherweise mehr das derb Alltägliche des Eisenbahnbetriebes in den Vordergrund gerückt. Weniger hübsch und mehr funktional. Eisenbahnen sind Arbeitstiere und dazu geschaffen, Leistung zu erbringen, nicht um hübsch zu sein und das Auge zu erfreuen. Jedenfalls nicht in erster Linie.

Es grüßt der Exil-Harzer
Lutterberger


 Antworten

 Beitrag melden
23.10.2015 22:09
avatar  HFy
#10 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar
HFy

Nun, das Eisenbahn-Magazin kam seínerzeit aus Düsseldorf. Die Nähe zum Pott hat aber nicht geholfen.

Herbert


 Antworten

 Beitrag melden
23.10.2015 22:15 (zuletzt bearbeitet: 23.10.2015 23:13)
#11 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar

Ich denke das eher die Historie als die Geographie zu dieser Entwicklung geführt haben! Der Nachkriegsdeutsche hat sich nach dem Schrecken des Krieges in die heile Modellbahnwelt geflüchtet. Interessant ist da in den ersten Miba Ausgaben John Alles Anlage, übrigensten auch eine Gebirgsanlage, vom Landsschafbau im Focus stand! Das betrieblich John Allen ein Vorreiter war in denen in Nürnberg damals völlig entgangen!
Apropos Nürnberg: In Deutschland hat es nie wirklich eine Trennung zwischen Spielzeug- und Modelleisenbahnen gegeben, wie sie damals in der USA, in den 50er, stattfand, als die GIs ihre Brassmodelle aus Korea mitbrachten.

Grüße Hubert

"Sir, we are surrounded!" - "Perfect, so now we can attack in every direction!"

 Antworten

 Beitrag melden
23.10.2015 22:48
avatar  HFy
#12 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar
HFy

Übrigens war John Allen auch bei der Schmalspur ein Vorreiter. In Frankreich kam er ebenfalls zunächst als Landschaftsbauer ins Blickfeld, aber die Franzosen haben das Beste daraus gemacht. Oh pardon, Jacques Le Plat, der den Begriff "modélisme d'atmosphère" in Umlauf brachte, ist Belgier.

Herbert


 Antworten

 Beitrag melden
25.10.2015 21:26
#13 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar

Zitat von Pfalzbahn im Beitrag #11
In Deutschland hat es nie wirklich eine Trennung zwischen Spielzeug- und Modelleisenbahnen gegeben, wie sie damals in der USA, in den 50er, stattfand, als die GIs ihre Brassmodelle aus Korea mitbrachten.
Ich meine, dass diese Trennung schon früher stattfand, als man anfing z.B. bei Spur 0 (und später auch bei Spur S) zu unterscheiden zwischen Tin Plate oder High Rail einerseits und "scale models" andererseits. Wurde auch so benannt und es gab beide Varianten vom gleichen Hersteller. Manche Marken bleiben aber bei High Rail, wie z.B. Lionel. Erinnert sich

Der Eisenhans


 Antworten

 Beitrag melden
27.10.2015 14:29
avatar  OHE
#14 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar
OHE

Hallo Allerseits

Wenn denn diese Modellbahnzeitschrift aus dem Norden sich regional orientiert hätte, so dominierten in deren Publikationen sicher Hauptbahnverkehre mit schweren Güterzügen und Personenfernverkehr. Die Seehäfen mit ihrem Frachtaufkommen gäben genug entsprechende Vorbilder her, ebenso der Verkehr vom und zum Ruhrgebiet. Als Bauwerke fänden sich im wesentlichen Neubauten, da die nordeutschen Großstädte im Krieg im Grunde genommen vollständig zerstört worden waren. Die Landschaft wäre eine Ebene und von großen landwirtschaftlichen Flächen geprägt. Nebenbahnen sind bereits stillgelegt oder sie werden es demnächst, ebenso wie die Güterbahnhöfe "auf dem Lande".

Demnach wäre die Vorbildsituation geprägt durch lange, gerade Strecken in der Ebene mit entsprechend langen Durchgangszügen.

Ich weiß wirklich nicht, wie man eine solche Vorbildsituation "an den Mann bringen" soll, wenn das häusliche Wohnumfeld eher durch akuten Platzmangel geprägt ist. Insofern hätte eine derart orientierte Modellbahnzeitschrift vermutlich zu dem Zeitpunkt am Markt keinen Bestand gehabt.

Viele Grüße
Andreas


 Antworten

 Beitrag melden
27.10.2015 20:14
avatar  Boscho
#15 Norddeutschland ist nicht nur flach, verfügt(e) jedoch
avatar

Gell - du wohnst nicht in Norddeutschland, oder? Ich hab das nämlich ganz anders in Erinnerung.


 Antworten

 Beitrag melden
31.10.2015 18:44 (zuletzt bearbeitet: 31.10.2015 19:03)
#16 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar

Hallo ...

als in Norddeutschland aufgewachsener, lebender (oder besser noch wohnhafter) und bekennender Bürger und Eisenbahnfreund ...

... bin ich mir nicht wirklich sicher ob ein Fachzeitschriften-Standort in Norddeutschland wirklich soooo viel verändert hätte. Einerseits gebe ich Hfy recht, der ja das Em angeführt hatte, zum anderen gab es ja tatsächlich auch einige wenige Zeitschriften die tatsächlich aus Norddeutschland kamen, wie die des Zeunert Verlages.

Zum anderen gab und gibt es im Norden nicht wenige Eisenbahnfreunde, die es sehr nach Süddeutschland zog und zieht, wie es auch bei mir der Fall ist/war. Wie es immer im Leben ist, der Bayer z.B. erfreut sich am plattdeutschen Strand, der Nordeutsche wiederum sehnt sich nach Bergen, Hügeln und dem typischen Fachwerk.

Vergessen sollte man auch nicht, das das Eisenbahnmuseum in Nürnberg, verbunden mit den Archiv dort, früher die Eisenbahnhistorik in Bayern doch um einiges leichter machte. Ich kann mich gut an die Zeiten in den 80er Jahren erinnern, als man oft nur wenig über norddeutsche Nebenstrecken wusste, bzw. es sehr schwierig war dazu umfassende Erkenntnisse in Erfahrung zu bringen. Erinnert sei auch an die legendären Bücher aus dem Bufe-Fachbuchverlag, der die Eisenbahnen in Bayern erst so richtig populär machte. Etwas vergleichbares über anderen Regionen in Deutschland gab es seinerzeit nicht! Das hat sich erst in den letzten Jahrzehnten etwas geändert, auch weil private Sammler ihre (wenigen) Archive geöffnet haben. In Bayern und Baden-Württemberg ist da wesentlich mehr auch in große (staatliche) Archiv-Sammlungen geflossen. Da war man in Norddeutschland leider früher wesentlich schludriger - und so ist leider vieles verloren gegangen!

Mir selber hat damals erst ein gewisser Herr Wolff die Augen geöffnet, mit seinen "Bahnhöfen nordwestdeutscher Kleinbahnen" - ein kleines fast unscheinbares Heftchen aus dem Zeunert Verlag, welches Bahnhöfe mit Bildern und Gleisplanskizzen vorstellte. Ohne dieses wäre ich wohl wesentlich später auf die zahlreichen Kleinbahnen in Norddeutschland aufmerksam geworden. Dabei haben diese sooo viel zu bieten! Das habe ich damals dann auch entdeckt - und so kamen zu den bayrisch/fränkischen Nebenbahnen auch die norddeutschen Privatbahnen hinzu und die wenigen Nebenstrecken der DB. Denn das gehört auch dazu: In Bayern gab es nun mal wesentlich mehr staatliche Nebenstrecken als in Norddeutschland, da waren es eben mehr die Privatbahnen, die man aber erst mal entdecken musste!

Was ich mir aber gut vorstellen kann, ist das man wesentlich mehr nach Angelsachsen geblickt hätte. Die englische Modellbahnszene hat hierzulande nur wenig Anhänger. Anlagen die nach ähnlichen Kriterien gebaut wurden (oder werden) sind zwar etwas mehr geworden in den letzten Jahren, aber doch noch immer in der Minderzahl. Ich selber habe auch erst in den letzten Jahren diese Szene mehr schätzen gelernt. Es gibt soviel wundervolle Anlagen dort ... die man leider nur sehr selten in deutschen Foren sieht. Von deutschen Modellbahnern die sich eines englischen Vorbildes annehmen mal ganz zu schweigen ... warum eigentlich ist das so??? Amerikanische Anlagenthemen sind hierzulande viel zahlreicher, warum eigentlich? Auch Otto und ein paar andere hier im Forum singen ja gerne das "hohe Lied" der amerikanischen Modellbahnphilosophie. Denn rein vom Platz her wäre doch die englische Art der Modellbahnerei doch eher was für die meist platzbeschränkte deutsche Modellbahnerei, als die der Amerikaner (deren Platz möchten man oft gerne mal haben möchte) ... ;-)

Hier nur mal ein Beispiel für 'the english way of modelrailroding' - um es mal in englischdeutsch zu forumlieren:
RMweb - Entstehung, Bilder Modell Outwell Village
Wikipedia: Wisbech and Upwell Tramway
Homepage zur Wisbech and Upwell Tramway
Bilder und Fotos zur OUTWELL UPWELL TRAMWAY

Sowas finde ich toll! Reduziert und dennoch so schön in der Wirkung wie auch im Betrieb. Anderen Beispiele lassen sich sicher noch mehrere finden.

Gruß Thomas

Meine Webseite:
www.lokalbahn-reminiszenzen.de


 Antworten

 Beitrag melden
31.10.2015 21:43
avatar  HFy
#17 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar
HFy

Man darf nicht unterschätzen, wie sehr auch in Europa bis vor etwa 25 Jahren alles noch im eigenen Saft schmorte. Mein Modellbahnhändler führte als vermutlich einer von wenigen in Deutschland den Model Railroader und die Loco Revue sowie den Eisenbahn-Amateur. Das war's mit dem Ausland, aber für damalige Begriffe war das schon eine Menge. Meine erste britische Eisenbahnzeitschrift kaufte ich mir dann im Lande selber; inzwischen führt Ludwig im Kölner Hauptbahnhof ein halbes Dutzend davon, dazu französische, italienische, spanische und amerikanische.
Was nun die britischen Bahnen anbelangt, haben sie trotz teils größerer Maßstäbe (1:152, 1:102, 1:76; 1:43,5, 1:30,5, 1:19) den Vorteil eines kleineren Lichtraums und sehr viel kompakterer Bahnhöfe. Ein britischer Normalspur-Güterwagen ist nicht immer größer als ein kontinentaler Meterspur-Güterwagen. Die Landesnatur (außer East Anglia ist nichts wirklich flach) und die angespannten Finanzen der Aktiengesellschaften verhinderten, daß sie mit dem Platz so wüteten wie etwa die KPEV, die um die vorige Jahrhundertwende riesige "Centralbahnhöfe" und "Rangirbahnhöfe" errichtete und auch kleinen Landstationen Gleise mit dreihundert oder fünfhundert Metern Länge bescherte, jedenfalls wenn sie nahe genug am "Erbfeind" lagen. Ähnliches gilt für so manches andere europäische Land, wo staatliche (oder halbwegs staatliche wie etwa in Frankreich) Bahnen ganze Häuserzeilen niederlegen konnten, wenn ein Bahnhof zu klein geworden war.

Herbert


 Antworten

 Beitrag melden
03.11.2015 20:36
#18 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar

Moin Leute

Ein Modellbahner, vor allem ein Vorbild orientierter, hat ein Problem. Er hat grundsätzlich zu wenig Platz.
Ein Norddeutscher Bahnhof hat vor allem eines: Platz genug! Dazu ist er in der Regel schnurgerade und außer dem obligatorischen „Hausbaum“ am EG nichts, was man zum Tarnen überflüssiger Gleise einer „Spielbahn“ nutzen könnte.
Wenn man dann noch bedenkt wie die „Platte“ einer Spiel(Modell)bahn in den 50er ausgesehen hat, braucht man sich nicht zu fragen weshalb es so aussieht wie es ist.
Den Luxus an „Wohnraum“ den wir heute zur Verfügung haben gab es zu Beginn ebenfalls nicht, also musste immer getarnt werden und da hilft immer: ein Berg. Und den… Freunde, den gibt es nun mal nicht im flachen Land.
Ich glaube nicht, dass das anders gewesen wäre, wenn die Redaktion z.B. der MIBA in Hamburg oder Bremen gestanden hätte. Bei den Mitarbeitern, da denke ich an MM (Meinhold) aus Kiel, waren durchaus Norddeutsche vertreten.

meint Friedrich


 Antworten

 Beitrag melden
04.11.2015 18:47
#19 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar

Naja, auch in Schleswig-Holstein gibt es Wälder (auch Bahnhöfe direkt an solchen) und zum Beispiel in der Holsteinischen Schweiz genügend Hügel, die tiefe Einschnitte bedingen und Seen, die in sehr engen Kurven umfahren werden müssen. Dithmarschen ist nicht alles!


 Antworten

 Beitrag melden
09.11.2015 17:55 (zuletzt bearbeitet: 09.11.2015 18:10)
avatar  STBR
#20 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar

Hallo zusammen,

kann dieser Unterschied nicht auch an einer pragmatischeren Sicht- und Herangehensweise an Aufgabenstellungen liegen ?
Bei den Kollegen über dem großen Wasser habe ich immer den Eindruck sie sehen eine Bahnlinie, Betriebssituation oder Location, überlegen wie sie das Gewünschte sinnvoll und ihren Möglichkeiten entsprechend stauchen können und bauen es dann.
Aber eben auch nicht mehr!

Hierzulande stehe ich oft (fassungslos) vor Anlagen die mit "tiefsinniger Bedeutung" geradezu überladen sind. Man stellt nicht einfach das dar was ist oder war, sondern was sein sollte oder könnte. Stellenweise habe ich den Eindruck daß hier Lebenswünsche und -träume im Kleinformat zur Schau gestellt werden. Mit Modellbau im eigentlichen Sinne hat das eigentlich nichts mehr zu tun (siehe MiWuLa in HH).

Schlägt hier Deutschland als Geburtsland der Romantik durch (es gibt auch Industrieromantik) oder steht hier der überwiegend realistische Protestantismus unserer angelsächsischen bzw. niederländischen Freunde einem eher wundergläubigen Katholizismus (von der Nordsee zu den Alpen auf 2 qm) gegenüber ?

Auch die (Selbst)sicht des Modellbahners hierzulande ist eine eher schwammige. Der US/UK-Modellbahner reiht sich nahtlos bei den Militär- und Dioramenbauern ein (In England gerne auch mal in historischer Kombination, 1:72 ist nicht umsonst auch ein gängiger Maßstab im Militätmodellbau), er ist jedenfalls definitiv "Modellbauer" (Railway modeller). Weshalb dort auch viele Halbfertig-oder Teilebausätze zu bekommen sind. Man baut eigene Gebäude, teilw. Fahrzeuge und bemalt seine Männekes selbst. Alleine das reduziert schon die Materialfülle auf den Anlagen!

In D irrlichtert das Hobby irgendwo unverbindlich zwischen "Modellbauer" und "Materialsammler". Es wird gekauft was das Portemonnaie hergibt,Fertigware oder Gebäudebausätze die ein Blinder zusammenbekommt, und das was die Industrie im Februar rausbringt muß, "out of the Box" und ordentlich nach Bauanleitung (für "kitbashing" gibt es sinnigerweise keine deutsche Entsprechung!)bis Dezember auf die Platte (oder in die Fahrzeugvitrine).

Und hier kommt vielleicht der größte kulturelle Unterschied:

Was ist Spaß ?
Denn das ist ja das Totschlagargument gegenüber jeder (konstruktiven) Kritik, also wenn man auf bauliche, betriebliche oder andere Mängel hinweist, es soll doch "Spaß machen".
Fängt der "Spaß" hierzulande erst an wenn man alles was unser Berufsleben ausmacht(Genauigkeit, Sorgfalt, sehr durchdachte Lösungen, ständige Weiterbildung) über Bord werfen kann ?

In USA/UK/NL/F scheint es jedenfalls mehr Leute zu geben die ihr Hobby sehr ernsthaft, mit viel Recherche, zeitlichem Aufwand und dem Streben nach stetiger Erweiterung ihres Könnens betreiben und dabei ihren (scheinbar ganz anders gearteten) Spaß haben

meint:
Stefan


 Antworten

 Beitrag melden
22.01.2016 21:32
#21 RE: Kulturelle Einflüsse auf Anlagendesign: USA, Deutschland, England, ...
avatar

Zitat von Friedrich aus O im Beitrag #18
Ich glaube nicht, dass das anders gewesen wäre, wenn die Redaktion z.B. der MIBA in Hamburg oder Bremen gestanden hätte. Bei den Mitarbeitern, da denke ich an MM (Meinhold) aus Kiel, waren durchaus Norddeutsche vertreten.
Eben. Man erinnere nur den Unterschied zwischen Bahn & Modell einerseits und MIBA vor dessen Erscheinen. Da liegen Welten dazwischen. Meint

Der Eisenhans


 Antworten

 Beitrag melden
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!