Frage zur Fahrwegsicherung bei Rangierfahrten

29.04.2020 23:45
#1 Frage zur Fahrwegsicherung bei Rangierfahrten
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Guten Abend zusammen,
ich habe da mal eine Frage an Sicherungstechnik-Kompetenten.
Auf meiner im Entstehen begriffenen Anlage werden ja nun
bekanntermaßen nur Rangierfahrten abgewickelt.
Im Gegensatz zu Zugfahrten ist mir hier allerdings weniger klar,
in welchem Umfang die Fahrwegelemente gesichert waren.
Hier einmal die Ergebnisse meiner Vorbildrecherche:

- Ladestelle Schusterkrug an der Eisenbahn Neuwittenbek - Voßbrook
Ein einseitig angeschlossenes Freiladegleis mit Panzerrampe, seit 20 Jahren wird die Strecke nur noch von Rangierfahrten (Lokomotiven) befahren.
Weder an der Weiche noch an der Gleissperre sind Schlösser oder Spuren davon zu entdecken.

- Rangierbereich Uferstraße an der Kleinbahn Suchsdorf - Kiel-Wik
Die Strecke wird regelmäßig von Kesselwagen-Ganzzügen befahren, sowie den Lokzügen von und zu VOITH.
Keine der Weichen scheint verschlossen zu sein.

- Güterbahnhof Industriegebiet Hamburg Ost (Billwerder Industriebahn)
Auch diese Strecke wird nur von Rangierfahrten genutzt.
Laut den Örtlichen Richtlinien scheinen die einzelnen Anschlußgleise auf sehr unterschiedliche Weise gesichert.
Es lassen sich die Fälle Gleistor und Gleissperre (verschlossen), nur Gleistor, nur Gleissperre (verschlossen), oder gar keine Sicherung finden.
Allerdings sind in den Gleisplänen Gleissperren eingezeichnet, die in den betrieblichen Weisungen nicht erwähnt werden und umgekehrt,
sodaß hier leider keine wirkliche Sicherheit bezügliche der tatsächlichen Verhältnisse besteht.


Insgesamt also ein ziemlich uneinheitliches Bild.
Gibt es dort überhaupt klare Regeln, oder regiert der Hausverstand des Bahnbetreibers?
Und wie sicher kann es überhaupt werden? Sind Folgeabhängigkeiten zwischen Weiche und Gleissperre schon over the top?

Wäre toll wenn ihr da Regeln kennt oder wenigstens ne Meinung und/oder eigene Erfahrungen habt,
Gruß
Alex


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30.04.2020 15:10
#2 RE: Frage zur Fahrwegsicherung bei Rangierfahrten
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Ich bin nicht so sehr in der Materie drin und sowieso nur Laie, korrigiert mich gerne, wenn ich falsch liege.

Flankenschutz ist wahrscheinlich recht häufig. Prinzipiell sollten alle Gleise, die irgendwie dauerhaft zum Abstellen von einzelnen Wagen dienen, gegen andere Gleise gesichert werden. Dazu dienen oft die Gleissperren. Zum Abstellen während dem Rangieren hatten wir hier schon mal was: Wagen einzeln abstellen, sichern, verschieben

Rangiert wird in der Regel sowieso auf Sicht, und vor Relaisstellwerken waren auch keine Abhängigkeiten in Bahnhöfen über Stellwerke realisierbar (außer der Ausschluss mit den eingestellten Fahrstraßen, aber das trifft hier ja nicht zu). Gesicherte Rangierstraßen wirst du also wohl kaum haben.

Flankenschutz und Abhängigkeit brauchst du auf jeden Fall, wenn es um den Übergang zu einem Bahnhof / zur auch von Zügen befahrenen Strecke geht. Hast du aber nicht (wenn ich mich recht erinnere?).

Zur Abhängigkeit / Schlüsselsicherung:

Zitat
Wird über diese Weichen lediglich rangiert und werden sie auch nicht für Flankenschutzaufgaben benötigt, so können sie auch völlig ohne Abhängigkeit bleiben. (U. Maschek, "Sicherung des Schienenverkehrs", 2018)



Ich denke, du wirst dir hier eine Menge Abhängigkeiten sparen können, da es ja keine übergeordneten Abhängigkeiten zu Signalen, Fahrstraßen o.ä. gibt. Ich vermute, die Weichen im gemeinsamen Rangierbereich sind nicht weiter gesichert.

Was mir noch als mögliches Szenario einfällt: Durch das Ablegen der Gleissperre wird ein Schlüssel frei, mit dem die Weiche aufgeschlossen wird. So könnte ggf. verhindert werden, dass das Anschlussgleis befahren wird, wenn die Gleissperre noch nicht abgelegt ist. Ob das so in Realität gebaut wurde, kann ich dir aber nicht sagen. Aber das wird wohl auch immer eine Abwägung zwischen finanziellen Interessen (Baukosten vs. Vermeidung von Schäden) sein, wenn es keine Vorschriften dazu gibt... Damit kenne ich mich aber auch nicht wirklich aus.

Industriestammgleis Neufahrn (b Freising)/Eching:
Leider enthalten die DB-Pläne keine Informationen zur Sicherung der einzelnen Anschlüsse. Leider ist das Gleis öffentlich auch nicht wirklich zugänglich, sonst würde ich jetzt nachsehen... Aber aus dem Zug erkennt man deutlich Gleissperren. Wie viel schon zurückgebaut wurde, weiß ich nicht, es ist nur noch ein Betrieb dort ansässig, der das Gleis nutzt...
Aber die Zu-/und Abfahrten sind mit Gleissperren/Rangiersignal (Nebengleis des Bahnhofs) und Schutzweichen/Hauptsignal (offene Strecke) geschützt.
Weichen an der Grenze zum örtlichen Infrastrukturbetreiber sind mit Schlössern gesichert.
Ein als Ladegleis gekennzeichnetes beidseitig angebundenes Gleis ist einseitig mit einer Gleissperre gesichert.

Viele Grüße
Manuel

Mein derzeitiges Anlagenbauprojekt (N): Wieslauterbahn.
Fahrplanprogramm FPLedit: Homepage.

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30.04.2020 15:45 (zuletzt bearbeitet: 30.04.2020 15:46)
#3 RE: Frage zur Fahrwegsicherung bei Rangierfahrten
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Grundlegend: Zugfahrten müssen immer gegen Rangierfahrten geschützt sein - da gibt's sicher kein (großes) Durcheinander.

Aber was Du ansprichst, ist ja die Sicherung in reinen Verschub- und Anschlussbereichen, wenn ich Dich richtig verstehe. Soviel ich es verstehe, gibt es da ein wesentliches Kriterium, und das ist, dass verschiedene Betreiber sich gegen Schaden durch andere absichern wollten. Beispiele, die ich mir denke - ich habe dazu aber keine Unterlagen:

* Von einem Industriestammgleis, das die DB betreibt, gehen Anschlussgleise weg. Die DB freut sich nicht, wenn da plötzlich ein Waggon herumsteht, der von einem Anschlussgleis entlaufen ist; umgekehrt will der Anschließer nicht, dass man über sein Gleis aufs Betriebsgelände kommt. Also bauen sie ein Tor hin, und wenn hinter dem Tor nicht groß verschoben ist, sagt die DB "das wird schon reichen, um einen langsam rollenden Wagen aufzuhalten". Und das war's.

* Wenn aber hinter dem Tor mehr passiert - die haben eine Verschublok oder so einen Traktor oder was; oder ne Spillanlage im Grfälle -, fürchtet sich die DB mehr und will dann eine Gleissperre haben. Weil die wieder bei falsch stehender Weiche umgenietet werden könnte, will die DB eine Folgeabhängigkeit.

* Dann, meine ich, hängt es auch noch echt von Besitzverhältnissen ab - ein Gleis, das zu einer Laderampe der Firma X führt, selbst aber im DB-Besitz ist, wird man anders sichern als ein Gleis, das direkt auf ein bahnfremdes Betriebsgelände führt.

Ich lass es einmal so stehen; und mich gern korrigieren.

H.M.


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05.05.2020 19:16 (zuletzt bearbeitet: 05.05.2020 19:17)
#4 RE: Frage zur Fahrwegsicherung bei Rangierfahrten
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Guten Abend,
danke schon mal für Eure Ideen,
insbesondere Haralds Punkt bezüglich dessen, was hinter dem Gleistor passiert, leuchtet mir ein.
Ich werde also die Anschlußbahnen, auf denen der Anschließer den Betrieb selbst führt, das sind bei mir zwei,
eine mit Unimog, die andere mit Kleinlok, mit verschlossenen Gleissperren und abhängigen Weichen ausstatten,
der Rest wird sich mit Gleistoren begnügen müssen.
Kleine Ergänzug zu meiner Vorbild-Recherche oben:
Klappbare Sh2-Tafeln, und auch Gleissperren werden heutzutage sogar nur noch mit handelsüblichen Vorhängeschlössern gesichert.
Vielleicht eine Anregung für all diejenigen Epoche-VI-Fahrer, die nicht unbedingt jedes Schloß bei Outbus bestellen wollen.

Schönen Abend noch,
Alex


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13.05.2020 14:50
#5 RE: Frage zur Fahrwegsicherung bei Rangierfahrten
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Zitat von hmmueller im Beitrag #3


* Von einem Industriestammgleis, das die DB betreibt, gehen Anschlussgleise weg. Die DB freut sich nicht, wenn da plötzlich ein Waggon herumsteht, der von einem Anschlussgleis entlaufen ist; umgekehrt will der Anschließer nicht, dass man über sein Gleis aufs Betriebsgelände kommt. Also bauen sie ein Tor hin, und wenn hinter dem Tor nicht groß verschoben ist, sagt die DB "das wird schon reichen, um einen langsam rollenden Wagen aufzuhalten". Und das war's.


Es ist unerheblich wer das Industriestammgleis betreibt, für sicheren Eisenbahnbetrieb (dazu gehört auch Rangieren) hat der Betreiber per Gesetz (Allgemeines Eisenbahngesetz) oder Verordnung (EBO /BOA)zu sorgen.
Ein Gleistor ist niemals eine eisenbahntechnische Sicherungseinrichtung. Selbst leere Wagen würden ein normales Tor "umfahren". Die Sh2 Scheibe auf Toren dient vielmehr dem Eisenbahnbetrieb als Signalisierung für das Hindernis.
Welche Sicherungsmaßnahmen zu treffen sind hängt vom Alter der Anlage (Bestandsschutz) und der maßgeblichen Neigung im Gleisanschluss/ Stammgleis ab.

Zitat von hmmueller

* Wenn aber hinter dem Tor mehr passiert - die haben eine Verschublok oder so einen Traktor oder was; oder ne Spillanlage im Grfälle -, fürchtet sich die DB mehr und will dann eine Gleissperre haben. Weil die wieder bei falsch stehender Weiche umgenietet werden könnte, will die DB eine Folgeabhängigkeit.



Sehe ich genauso, Folgeabhängigkeit zwischen Gleissperre und Weichen muß aber nicht vorgeschrieben sein, aber sie kann es.

Zitat von hmmueller

* Dann, meine ich, hängt es auch noch echt von Besitzverhältnissen ab - ein Gleis, das zu einer Laderampe der Firma X führt, selbst aber im DB-Besitz ist, wird man anders sichern als ein Gleis, das direkt auf ein bahnfremdes Betriebsgelände führt.

Ich lass es einmal so stehen; und mich gern korrigieren.

H.M.



Die wenigsten Gleisanschlüsse gehören der DB, da im Zeitalter der Kostenoptimierung auch der Anschlussnehmer hälftig die Unterhaltskosten der Anschlussweiche zahlen muß.

Gruß Kai-Nils

Die Kunst eine Lokomotive zu führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden.
(The Australian Locomotive Enginedriver's Guide)

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13.05.2020 15:11
#6 RE: Frage zur Fahrwegsicherung bei Rangierfahrten
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Zitat von cargonaut im Beitrag #5

Es ist unerheblich wer das Industriestammgleis betreibt, für sicheren Eisenbahnbetrieb (dazu gehört auch Rangieren) hat der Betreiber per Gesetz (Allgemeines Eisenbahngesetz) oder Verordnung (EBO /BOA)zu sorgen.
...Welche Sicherungsmaßnahmen zu treffen sind hängt vom Alter der Anlage (Bestandsschutz) und der maßgeblichen Neigung im Gleisanschluss/ Stammgleis ab.


Danke (auch für Rest) - das klingt vernünftig(er als mein hiermit korrigiertes Bauchgefühl) . Mir scheint, dass an den Gleisanschlüsen an Industriestammgleisen, die ich noch gesehen habe (gibt's ja eher nicht mehr), nie Gleissperren waren; ich habe aber natürlich nicht drauf geachtet, ob da Gefälle dahinter waren (die man auch bei > 2,5 Promille nicht unbedingt sieht), und schon gar nicht, welchen Bestandsschutz man da gehabt hätte ...

... hat da jemand z.B. Fotos oder Pläne? - das wär' .

H.M.


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